0

Navid Kermani: „Große Liebe“

03.03.201420:00 Uhr bis 22:00 Uhr

„Gedauert hat die große Liebe, um die mein Gedächtnis so viel Aufheben macht, keine Woche, gerechnet vom ersten Kuss bis zur Trennung, der Trennungsschmerz natürlich länger, in gewisser Weise bis heute, sonst würde ich nicht unsere Geschichte erzählen.“ 
Das erste Mal hat er mit fünfzehn geliebt und seitdem nie wieder so groß: Im Laufe von wenigen, viel zu wenigen Tagen erlebt ein Junge alle Extreme der Verliebtheit. Er vergöttert die Schönste des Schulhofs aus der Ferne, harrt jede Pause in der Raucherecke aus, um noch einmal ihre herrliche Zahnlücke zu erblicken. Ihn durchfährt der erste Kuss wie ein Wunder – wie ein Sakrament, das nicht verletzt werden darf. Und dann, kaum dass er von der ewigen Glückseligkeit geschmeckt zu haben glaubt, weist die Schönste ihn schon wieder von ihrem Hof, genau gesagt: eben jener Raucherecke des Schulhofs. Navid Kermani legt ein Meisterstück der Verdichtung vor: Im Mikrokosmos eines Gymnasiums Anfang der 1980er Jahre und vor dem Hintergrund der westdeutschen Friedensmärsche führt er das zeitlose Schauspiel der Liebe in ihrer Majestät und Lächerlichkeit auf.
Die Schilderung der ersten Blicke, Berührungen und Abschiedsbriefe verknüpft Kermani mit den ergreifenden Erzählungen der arabisch-persischen Liebesmystik. Für den Leser öffnet sich ein Gang durch irdische und göttliche Seelenlandschaften, der fast unbemerkt Kulturen und Jahrhunderte überbrückt. So viel ist sicher: Mit diesem Roman hat auch die deutsche Literatur eine „schönste Liebesgeschichte der Welt“.

Navid Kermani, 1967 als Sohn iranischer Eltern in Siegen geboren, ist habilitierter Islamwissenschaftler und Publizist. Er gilt als führender Iran-Experte in Deutschland und leitete u.a. 1994–1997 ein Sprach- und Kulturzentrum in Isfahan; 2006–2008 war er Teilnehmer an der Deutschen Islamkonferenz. Er ist Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung und erhielt zahlreiche akademische und literarische Auszeichnungen, zuletzt die Buber-Rosenzweig-Medaille (2011) und den Hannah-Arendt-Preis für seine „lagerüberwindenden, religionswissenschaftlichen und politischen Analysen“ (2011). Im Jahr 2012 wurde er für seine gesellschaftliche Auseinandersetzung mit den Religionen sowie den von ihm betriebenen Dialog der Kulturen mit dem Kölner Kulturpreis ausgezeichnet, außerdem erhielt er im gleichen Jahr den Cicero-Rednerpreis für „herausragende rhetorische Leistungen“ und den Kleist-Preis für seinen Roman Dein Name.

Foto: Sabine Lohmüller

BlueNote des Cinema-Arthouse, Osnabrück

VVK € 7,--/AK € 9,--

Roman
Einband: gebundenes Buch
EAN: 9783446244740